Ein typisches Alleinstellungsmerkmal der Kurorte und Heilbäder in Rheinland-Pfalz und im Saarland lässt sich seit jeher auf eindeutige Weise beschreiben: natürliche Heilmittel und klassische Heilverfahren. In den unterschiedlichsten Ausprägungen gelten diese 20 Orte als Kompetenzzentren der medizinischen und therapeutischen Versorgung. Dass sich der Kurort dabei in der Regel als Gesundheitszentrum sieht, versteht sich von selbst. Die eigenen Stärken in den Bereichen Prävention, Rehabilitation und bei chronischen Erkrankungen auch offensiv nach außen zu kommunizieren gehört zu den vornehmsten Aufgaben der Marketing-Experten in den Kurorten und Heilbädern. Es ist kein Geheimnis, dass potentielle Kunden ohne Erfahrung mit Gesundheitsangeboten sich oft im Unklaren über einzelne Angebote und Leistungsbestandteile sind. Je transparenter und zeitgemäßer also die natürlichen Heilmittel und klassischen Heilverfahren beschrieben werden, desto größer ist die Kauf- bzw. Preisbereitschaft.
Um sich jedoch von dem immer größer werdenden Kreis der Mitbewerber im Gesundheitstourismus abzuheben reicht es heute allerdings nicht mehr aus, sich in der klassischen Kommunikation allein auf die Darstellung der natürlichen Heilmittel und klassischen Heilverfahren zu beschränken. Gerade im Gesundheitstourismus gewinnt die „Inszenierung von Natur und Landschaft“ zunehmend an Bedeutung.
Insofern wurden im Projekt „Kommunikations- und Produktoptimierung für Heilbäder und Kurorte in Rheinland-Pfalz und im Saarland“ im Vorfeld der (gesundheitstouristischen) Produktentwicklung zunächst die vorhandenen Potentiale sowie die Aktiv-Angebote in Natur und Landschaft identifiziert und die naturräumlichen Alleinstellungsmerkmale des jeweiligen Kurortes oder Heilbads herausgearbeitet. In der vorgeschalteten Desktop-Analyse (1. Projektphase) wurde als Bewertungsgrundlage eine Vielzahl von Einzelkriterien zugrunde gelegt, um folgende Fragen individuell beantworten zu können:
In den an die 1. Projektphase anschließenden Kreativ-Workshops wurden die Alleinstellungsmerkmale mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf der Grundlage der Desktop-Analyse klar herausgearbeitet. Die Klärung der individuellen Ausgangsposition ist für die weitere Produktentwicklung von entscheidender Bedeutung, um zu klären, ob sich die Potentiale von Natur und Landschaft nutzenbringend einbinden lassen.
Als Alleinstellungsmerkmal verstehen wir in diesem Zusammenhang ein herausragendes Merkmal, mit dem sich eine Region deutlich vom Wettbewerb abheben kann. In den Workshops vielfach genannt wurde das von „Natur und Landschaft“ ausgehende einzigartige Nutzenversprechen, das im Idealfall mit einem Aktiv-Angebot verbunden werden sollte.
„Naturräumliche Ausprägungen“
Unter dem „Naturraum“ versteht man eine durch Klima, Relief, Wasserhaushalt, Boden, geologischer Bau und Biosphäre charakterisierte räumliche Einheit. Diese landschaftlichen Eigenarten prägen eine Region und sind von individueller Ausprägung und Lagequalität. In den Workshops wurde die landschaftlich reizvolle Lage der Kurorte und Heilbäder in Rheinland-Pfalz und im Saarland mit folgenden Attributen belegt:
Die Mittelgebirgslandschaft
Assoziationen der Teilnehmer: Ursprünglichkeit, (Ur-)Natur, Erholungslandschaft, „Augen der Eifel“, zusammenhängende Waldgebiete, „Natur-Eldorado“, schöne Aussichten, „leicht bergig ist reizvoll für Niederländer“, Panorama, Hochwald, vulkanisch geprägt.
Die Flusslandschaft
Assoziationen der Teilnehmer: reizvoll, mäandrierender Flusslauf, „Hinter jeder Flussbiegung eine neue Entdeckung!“, Rheintal, Steillagen-Weinbau, Nahetal, Idylle im Moseltal, Lahntal, Wassersport.
Der Sonderfall UNESCO-Welterbe
Von der „Inszenierung von Natur und Landschaft“ profitieren insbesondere die Kurorte und Heilbäder in den Regionen, in denen die UNESCO den Titel „Welterbe“ verliehen hat. Die Verleihung des Titels erfolgt aufgrund der regionalen Einzigartigkeit, Authentizität und Integrität. Das Mineralheilbad Bad Salzig liegt mitten im UNESCO-Welterbe Mittelrheintal und das Kneippheilbad Blieskastel liegt am Rande des UNESCO-Biosphären-Reservat Bliesgau.
„Leere Landschaften“
Mit dem Begriff „Leere Landschaften“ verbindet man voreilig negative Attribute wie die die zunehmende Abwanderung aus strukturschwachen Regionen oder die Überalterung der Bevölkerung. „Da, wo Hase und Igel sich noch gute Nacht sagen, da leben wir!“ beschreibt ein Workshop-Teilnehmer seinen Kurort. Das Gegenstück zur „Leeren Landschaft“ ist der Ballungsraum. In den Workshops wurden die Stärken der eher ländlich geprägten Räume, in denen sich die Kurorte und Heilbäder in Rheinland-Pfalz und im Saarland überwiegend befinden, deutlich herausgearbeitet:
Die Ruhe:
Assoziationen der Teilnehmer: Stille, Abwesenheit von Hektik, kein Stress, erholsame Nachtruhe, gesunder Schlaf, andere Lebensgeschwindigkeit, temporäre Alternative zu Straßenlabyrinthen, Staus und Verkehrslärm.
Die Landschaft:
Assoziationen der Teilnehmer: unverbaute Blicke, offene Ferne, den Blick schweifen lassen, Weitsicht, Ursprünglichkeit, Renaturierung der Landschaft.
Der Tourismus:
Assoziationen der Teilnehmer: nicht überlaufen, preiswerte (nicht billig!) Angebote in Gastronomie und Hotellerie, „hier ist der Gast keine Nummer“.
Benchmarks beim Thema „Inszenierung von Natur und Landschaft:
Biosphärenreservat Bliesgau / GesundLand Vulkaneifel
Biosphärenreservat Bliesgau (Blieskastel)
Das UNESCO-Biosphärenreservat Bliesgau liegt im Südosten des Saarlandes, an der Grenze zu Frankreich und Rheinland-Pfalz. Die leicht hügelige Landschaft ist geprägt durch ausgedehnte Streuobstwiesen, wertvolle Buchenwälder, artenreiche Trockenrasen und eine Auenlandschaft, die vom Fluss Blies durchzogen wird. Der Norden des Bliesgaus ist eher städtisch geprägt. Die Stadt-Land-Beziehungen mit all ihren Facetten, Einflüssen und Veränderungen bestimmen deshalb die Handlungsfelder im Biosphärenreservat.
Das jährlich stattfindende Biosphärenfest mit über 10.000 Besuchern zeigt auf beeindruckende Weise, dass man Mensch und Natur auch unter touristischen Aspekten durchaus in Einklang bringen kann. (weitere Veranstaltungen mit (gesundheits-)touristischer Relevanz findet man unter http://www.biosphaere-bliesgau.eu/aktuelles/veranstaltungskalender/ ). Die grundsätzliche Biosphären-Idee beruht auf einer gelungenen Vermarktung regionaler Produkte und setzt auf eine naturverträgliche Produktion von regionalen und saisonalen Lebensmitteln, einer größtmöglichen Weiterverarbeitung in der Region und den möglichst direkten Verkauf an die Verbraucher in unmittelbarer Nähe. Auch dieses Potential wird touristisch beispielgebend entwickelt!
GesundLand Vulkaneifel (Bad Bertrich, Daun, Manderscheid)
Unter dem Oberbegriff „Gesundland Vulkaneifel“ kooperieren die Orte Bad Bertrich, Daun und Manderscheid, um die Mittelgebirgslandschaft der Eifel zu inszenieren. Die „Therapeutische Landschaft“ der Vulkaneifel soll dazu beitragen, gesundheitsfördernde Landschaftserlebnisse mit gesundheitstouristischen Einrichtungen und einer einzigartigen Natur zu vernetzen. Die Vision ist es, eine Region zu einer „Therapeutischen Landschaft“ zu entwickeln, um die positive Verknüpfung von Naturerleben und Gesundheitsförderung zu fördern. (mehr zu dem konzeptionellen Ansatz unter: http://www.gesundland-vulkaneifel.de/gesundland/unsere-vulkanlandschaft/therapeutische-landschaft.html ). Beispielsweise sollen die landschaftstherapeutischen Wege im GesundLand beruhigende, belebende und stärkende Erlebnisse in der Natur vermitteln und das Wohlbefinden fördern. Geeignete Wanderwege werden derzeit zu landschaftstherapeutischen Wegen umgewandelt.
Dr. Hans-Ulrich Tappe, Leitblick GmbH