„Datenpflege, Open Data, CC-Lizenzen und so weiter, was hat das alles mit mir zu tun? Ich will doch einfach nur Gäste bekommen.“ – das fragen sich einige Gastgeber und Gastgeberinnen in Rheinland-Pfalz. Ein guter Anlass, um einen genaueren Blick darauf zu werfen, wie diese Themen den Gastgebern im Land bei ihrer Arbeit helfen können.
Hierzu haben sich Yves Loris (Leiter Online-Marketing bei der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH) und Björn Reckewell (Abteilungsleiter Tourismus in der Lessingstadt Wolfenbüttel sowie Geschäftsführer des Tourismusverbandes Nördliches Harzvorland e. V.) unterhalten: Zwei Bundesländer, zwei Perspektiven, ein Ziel.
Yves Loris: Was siehst du, lieber Björn, im Datenmanagement denn besonders als Vorteil für die Gastgeber an?
Björn Reckewell: Ganz relevant ist hier die zentrale Datenpflege. Also, dass eigene Daten wie Adresse und Öffnungszeiten, aber auch Texte und Fotos nur an einer Stelle gepflegt und aktualisiert werden (müssen), dann aber in verschiedenen Kanälen und auf verschiedenen Plattformen ausgegeben werden (können). Waren in der Lessingstadt Wolfenbüttel und im Nördlichen Harzvorland bis 2020 erst zwei eigene Apps sowie zwei eigene Websites an unsere Datenbank angeschlossen, greifen heute bereits 14 Websites/Apps – die Hälfte davon externe Anbieter – auf diese Daten zu.
Yves Loris: Das ist bei uns in Rheinland-Pfalz ähnlich. Die Daten aus Deskline® werden nicht nur auf der Website der RPT oder der jeweiligen Region ausgespielt, sondern ebenso mit den Daten in Outdooractive verknüpft, an den ADAC weitergegeben etc. Ein schönes Beispiel ist hier auch unser Tourenplaner: In diesem verknüpfen wir bereits seit Jahren die Wander- und Radtouren in Rheinland-Pfalz mit den touristischen Angeboten links und rechts der Routen. Radfahrer und Wanderer können sich hierdurch direkt in dieser App die nächsten Unterkünfte anzeigen lassen, die auf ihrer Tour liegen, und diese auch direkt buchen. Damit all das funktioniert, braucht es aber natürlich genau diese Informationen: die Daten der Gastgeber.
Björn Reckewell: Was unsere Gastgeber mittlerweile verstärkt nutzen: Die Daten von Veranstaltungen, Attraktionen oder gastronomischen Angeboten in der direkten Umgebung auf ihrer eigenen Website anzeigen zu lassen – und zwar mithilfe der zentralen Datenbank. Sie setzen die entsprechenden Filter, welche Angebote passend zu ihrer Unterkunft relevant sind und bei Aktualisierungen innerhalb der Datenbank sind die Daten automatisch auch auf ihrer eigenen Website aktualisiert.
Yves Loris: An diesem Thema sind wir auch dran. Und ich denke, das ist ein ganz wesentlicher Vorteil. Zum einen können Unterkünfte relevante Informationen für ihre Gäste direkt auf ihrer Website teilen. Gleichermaßen können die Unterkünfte selbst wieder auf beispielsweise der Website eines Radwegs abgebildet werden. Dies sorgt insgesamt für eine stärkere Reichweite der Daten aller touristischen Unternehmen, für eine höhere Sichtbarkeit – und immer in einem passenden und relevanten Kontext für den (potenziellen) Gast.
Björn Reckewell: Und das gilt natürlich nicht nur für Unterkünfte, sondern gleichermaßen für gastronomische Anbieter, Attraktionen oder Veranstaltungen. Für Unterkünfte – egal ob Hotels oder Ferienwohnungen – kommt dann natürlich noch das Thema Buchungen mit dazu. Oft verfügen die Datenbanken auf Landesebene über direkte Schnittstellen zu den eigenen Buchungssystemen der Unterkünfte. Das ist vielen oft gar nicht bewusst.
Yves Loris: Genau, in Gesprächen mit Gastgebern wird uns oft gesagt, dass sie sich um Booking kümmern müssen, damit ihre Betten voll sind. Das ist auch grundsätzlich richtig, was dabei nicht gesehen wird oder nicht bekannt ist:
Man kann also das eine tun, ohne das andere zu lassen, und das ganz ohne Mehraufwand.
Zugleich haben wir oft Radfahrer, die direkt vor Ort in der Tourist-Info stehen und eine Unterkunft suchen. Wichtig ist dann, dass die TI auf die Daten der Gastgeber zugreifen und natürlich am besten direkt buchen kann. Auch für diesen Anwendungsfall ist es wichtig, die eigenen Gastgeber-Daten nicht nur bei Booking zu haben, sondern ebenso – inklusive entsprechender Kontingente – in unserer Datenbank Deskline®.
Björn Reckewell: Und die Landeslösungen der Landesmarketingorganisationen sind auch erst der Anfang. Zukünftig fließen alle Daten aus den verschiedenen Bundesländern noch in den Knowledge Graphen der DZT ein, also eine deutschlandweite Datenbank. Dort werden die Daten außerdem mit weiteren relevanten Informationen wie Wetter, ÖPNV etc. verknüpft. Und sobald auch große Anbieter (z. B. Die Bahn) diese Daten nutzen, wird der positive Druck steigen und das Open-Data-Thema aus der Technikecke heraus und auch weiter in den Mittelpunkt der betrieblichen Strategien rücken. Ich glaube fest daran, dass sich hieraus noch viele weitere praktische Lösungen ergeben, die auch für die Betriebe vor Ort sinnvoll sind.
Yves Loris: Wobei es für die Datenbank der DZT (Deutschen Zentrale für Tourismus) – und allen dann damit verbundenen Produkten und Services – noch höhere Anforderungen an die Texte und Fotos gibt. Dazu zählt, dass diese open-data-fähig sein müssen, also mit entsprechenden Lizenzen ausgestattet sind, die vorher mit dem Fotografen oder der Texterin abgesprochen werden müssen. Wir empfehlen hierzu, Fotos entweder selbst zu erstellen – dann liegen die Rechte automatisch bei einem selbst – oder die entsprechenden Rechte für die Produktion vorher zu klären. Hierfür haben wir Hilfestellungen auch für Gastgeber entwickelt, im Sinne von Checklisten, Vorlagen für Verträge etc., die wir ihnen jederzeit gerne zur Nutzung bereitstellen.
Björn Reckewell: Wir haben unsere Betriebe in Sachen Open Data nicht extra gefragt, da wir seit Jahren damit zur Vermarktung arbeiten. Letztendlich verwenden wir auch nur Daten der DSGVO-Schutzklassen 1 und 2, die öffentlich verfügbar sind. Sollte sich ein Betrieb dennoch an seiner Veröffentlichung stören, dann halten wir es wie mit den „Gelben Seiten“ und tragen den Betrieb auf Wunsch aus der Datenbank wieder aus. Wir haben in den vergangenen Jahren auch alle Fotos und Texte – zu Gastgebern, Attraktionen, aber auch Kirchen, Spielplätzen etc. – auf unsere Kosten in den entsprechenden CC-Lizenzen erstellen lassen.
Yves Loris: Bei uns sind die geschulten Tourist-Informationen, sogenannte Deskline®-Stützpunkte, vor Ort die wichtigste Anlaufstelle für die Gastgeber, wenn es um das Thema Datenmanagement geht. Die Regionen unterstützen hierbei ebenso, haben sich vor allem darum gekümmert, dass die touristischen Highlights der eigenen Region mit Open-Data-fähigen Fotos ausgestattet werden – Inhalte, welche ebenso von den Gastgebern genutzt werden können und womit die Region attraktiver wird. Wir als Landesmarketingorganisation haben ein Open-Data-Handbuch mit vielen Tipps, Checklisten und Musterverträgen entwickelt und bieten regelmäßig Schulungen zum Thema an. Ergänzend gibt es auf unserer neuen E-Learning-Plattform TNWissen Rheinland-Pfalz ergänzende Hintergrundinformationen unter anderem zu Datenmanagement und Open Data. An dieser Stelle folgen auch noch Inhalte, wie konkret Daten in Deskline® zu pflegen sind.
Björn Reckewell: Um noch einmal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen, was Gastgeber eigentlich von dem ganzen Datenmanagement an Vorteilen genießen:
Yves Loris: Genau Björn und letztendlich können Betriebe auf Grundlage dieser Daten ja auch digitale Gästeservices anbieten, die den Gästen ihre Reise angenehmer gestalten, z. B. durch die Digitalisierung des Meldewesens, eine digitale Gästemappe, den Tourenplaner Rheinland-Pfalz oder die Rheinland-Pfalz erleben App. Ich danke Dir herzlich für den spannenden Austausch und Perspektivwechsel!
(Quelle: Kristine Honig, Realizing Progress)