Die Quintessenz: Die Tendenz ist positiv, aber insgesamt bleibt die Lage und insbesondere die Aussicht im Städtetourismus volatil. Veränderte Gästebedürfnisse, Verhaltens- und Nachfragemuster müssen erkannt und damit neue Rahmenbedingungen für den Städtetourismus definiert und entwickelt werden.
Klar ist, Städte und die relevanten Gästeinfrastrukturbetriebe werden sich mit dem geänderten Reiseverhalten auseinandersetzen müssen. Während die weiterhin täglich veröffentlichten Coronazahlen aus verschiedenen Gründen aktuell weitestgehend in den Hintergrund getreten sind, werfen mit Herbst und Winter kühlere Jahreszeiten und Wortbeiträge aus der Politik ihre Schatten voraus. Höchste Zeit also um sich mit Aspekten dieses geänderten Reiseverhaltens auseinanderzusetzen
Touristische Städtereisen
Mit Beginn der warmen Jahreszeit und weitestgehend ohne Corona-Beschränkungen hat sich die aufgestaute touristische Reiselust Bahn gebrochen. Reisen allgemein, insbesondere auch Städtereisen werden wieder gebucht. Zwei Jahre lang nicht durchgeführte Veranstaltungen wie Festivals, Volksfeste und kulturelle Erlebnisse bieten Reiseanlässe für nahezu jede Ziel- und Altersgruppe.
Spontanreisen, die aber in den allermeisten Fällen Tagesausflüge sind werden durch die Neun-Euro-Tickets seit Anfang Juni zusätzlich befeuert. Nach wie vor sind dabei Reisen in kleinere und mittlere Städte im besonderen Fokus. Damit profitiert Rheinland-Pfalz erwartbar überproportional.
Trotz aller Euphorie: Eine grundsätzliche Verunsicherung der (Kurz-)Urlaubsinteressierten hält an. Etwaige Reisepläne müssen gegebenenfalls kurzfristig geändert werden.
Daher wird bei der Buchung von Reisen auch ein großes Augenmerk auf die Flexibilität, d.h. auf Umbuchungs- und Stornierungsmöglichkeiten gelegt. Dieses Bedürfnis erfordert insbesondere von Beherbergungsbetrieben eine große Sensibilität hinsichtlich der Verschiebbarkeit von Reisen.
Geschäftliche Städtereisen
Während der normale Geschäftsreisebetrieb, d.h. Vertriebsbesuche etc. nicht an die Intensität von 2019 anknüpfen kann, boomen aktuell Veranstaltungen der MICE-Branche. Allerdings wird im Bereich Meetings und Veranstaltungen eher von einem kurzfristigen überproportionalen Boom gesprochen, da dieser Reiseanlass rund zwei Jahre nicht gegeben war. Mittelfristig wird auch hier wie bei regulären Geschäftsreisen von einem, gegenüber 2019, insgesamt bestenfalls stagnierenden Geschäftsreisevolumen gesprochen, da einige der während der Pandemie entwickelten und erfolgreich umgesetzten digitalen Kommunikationsmöglichkeiten und -gepflogenheiten auch nach Corona ihren festen Platz im Geschäftsalltag behalten werden.
Städtereisestudie
Zu Beginn des Jahres veröffentlichten der Deutsche Tourismusverband (DTV) und das Europäische Tourismus-Institut (ETI) die Ergebnisse einer umfangreichen Städtereisestudie „Insightwissen Städtetourismus“. Auf Basis von 7.000 Befragten wurde ein deutliches Potenzial für urbane Reiseziele ausgemacht: Knapp dreiviertel der Deutschen zwischen 18-69 Jahren gelten als „städtereisenaffin“.
Kernerkenntnisse der Studie:
Der Anteil der städtereiseaffinen Personen liegt in Deutschland aktuell bei 72 %. Dieser Anteil liegt in Süddeutschland leicht über und in Ostdeutschland leicht unter dem Durchschnitt. Mit zunehmendem Alter nimmt das Interesse an Städtereisen ab: Von 83 % bei 18-29-Jährigen auf 61 % bei 60-69-Jährigen. Die Sinus-Milieus® der Expeditiven, der Post-Materiellen, der Performer und der Neo-Ökologischen sind überdurchschnittlich häufig städtereiseaffin.
Hauptmotivation für private Städtereisen sind mit Abstand der Besuch von Sehenswürdigkeiten (76 %), gefolgt vom Wunsch, in die Stadtkultur und das urbane Flair einzutauchen (45 %) sowie das kulinarische Angebot/Genuss (42 %). Szene, Clubs und Bars sind zudem für mehr als ein Fünftel der Befragten zwischen 18-29 Jahren ein Grund, Städte zu besuchen. 60- bis 69-Jährige nehmen überdurchschnittlich oft Kunst, Museen, Ausstellungen sowie Architektur und Baukultur zum Anlass für eine Städtereise.
Je jünger die Städtereisenden, umso häufiger sind Buchungs-, Bewertungsportale und Social Media relevante Inspirations- und Informationsquellen. Mit zunehmendem Alter spielen hingegen Websites der Städte und der Unterkünfte eine wichtige Rolle.
Die Zusammenfassung der Studie kann hier abgerufen werden:
https://www.deutschertourismusverband.de/fileadmin/Mediendatenbank/Bilder/Impulse/LIFT_Wissen_Staedtereisenstudie_DTV_ETI_SET_kurz.pdf
Der umfassende Studienbericht kann hier eingesehen werden:
https://www.deutschertourismusverband.de/fileadmin/Mediendatenbank/Bilder/Impulse/LIFT_Wissen_Staedtereisenstudie_DTV_ETI_SET_lang.pdf