In einem Schreiben an die rheinland-pfälzischen Bundestagsabgeordneten in Berlin bittet der Tourismus- und Heilbäderverband Rheinland Pfalz e. V. (THV) zusammen mit dem Deutschen Tourismusverband e. V. (DTV) die politischen Vertreter um Unterstützung.
Die neue EU-Pauschalreiserichtlinie hat grundlegende Auswirkungen auf das zukünftige Reiserecht in Deutschland. Für den derzeitigen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Pauschalreiserichtlinie (Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften) sehen der THV und der DTV Verbesserungsbedarf, um unverhältnismäßige Belastungen für die Tourismusbranche zu vermeiden.
Ende 2015 hat das EU-Parlament die neue EU-Pauschalreiserichtlinie beschlossen. Das Vorhaben, die seit 1990 bestehende Pauschalreiserichtlinie an das digitale Zeitalter anzupassen und den Verbraucherschutz auszubauen, wird von den Verbänden begrüßt. Die Bundesregierung hatte während der Richtlinie-Verhandlungen stets signalisiert, bei der Reform auch die Belange der Tourismusbranche berücksichtigen zu wollen – dies ist leider auch mit dem nun vorliegenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung nicht gelungen. THV und DTV bitten die politischen Vertreter daher, folgendes Anliegen zu unterstützen:
Die intensive politische Arbeit des Deutschen Tourismusverbandes e. V. und der anderen Branchenverbände hat Früchte getragen und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat auf den einhelligen Protest der Branche hin den Referentenentwurf modifiziert. So wird in dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung nun beispielsweise klargestellt, dass eine Einzelleistung keine Pauschalreise sein kann, Tagesreisen ausgenommen sind und der Sicherungsschein beibehalten wird. Dies sind Änderungen, die den Verbrauchern und auch der Tourismusbranche zu Gute kommen: Nach den Erfahrungen unserer Mitglieder handelt es sich zum Beispiel bei dem Sicherungsschein um ein für die Gäste als auch für die Tourismusorganisationen bewährtes, vertrautes und Vertrauen schaffendes Instrument. Es bedarf auch für Einzelreiseleistungen keines mit der Pauschalreise vergleichbaren Schutzniveaus und es besteht auch aus Verbraucherschutzgründen keine Notwendigkeit, das Pauschalreiserecht auf Einzelleistungen auszudehnen: das geltende (Miet- u.a.) Recht gibt den Reisenden bereits jetzt hinreichende Möglichkeiten ihre (Mängel) Rechte geltend zu machen und durchzusetzen.
Bei dem besonders kritischen und wichtigen Punkt der sogenannten verbundenen Reiseleistungen besteht aber noch immer akuter Verbesserungsbedarf. Laut Gesetzesentwurf wird die Tourismusorganisation bei der Vermittlung einzelner Reiseleistungen (wie zum Beispiel der Buchung einer Ferienwohnung und einer Wandertour durch einen Gast) in Zukunft zum Anbieter „verbundener Reiseleistungen“. Weist sie alle Einzelleistungen in einer Gesamt-Zahlungsaufstellung aus, wird sie sogar zum Reiseveranstalter. Wenn die Tourismusorganisation dies vermeiden will, muss sie bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen jede einzelne Leistung separat buchen, separat abrechnen und separat bezahlen lassen.
Wollen Tourismusorganisationen beim Zusammenstellen von einzelnen Reiseleistungen also auch künftig nicht zum Reiseveranstalter werden, sehen sie sich mit immens bürokratischen Beratungs-, Buchungs- und Zahlungsvorgängen konfrontiert. Es besteht innerhalb der Branche Einigkeit, dass diese Regelung praxisuntauglich ist und zu erheblichen Einschränkungen des touristischen Angebots führen wird – und damit nicht nur die Zukunft von zahlreichen kleinen und mittelständischen Reisebüros gefährden, sondern insbesondere auch das in Europa einzigartige Serviceleistungsangebot des deutschen öffentlichen Tourismus schädigen wird.
Fast alle kommunalen, regionalen und landesweiten Tourismusorganisationen in Deutschland sind unmittelbar von dieser Reform des Reiserechts betroffen. Denn der Tätigkeitsbereich der Tourismusorganisationen umfasst neben der allgemeinen Wirtschaftsförderung und dem Tourismus- oder Stadtmarketing auch die Erbringung konkreter Dienstleistungen gegenüber den Reisenden: fast alle Tourismusorganisationen sind als (Reise-)Vermittler und zum Teil auch als Reiseveranstalter tätig und ermöglichen die direkte Buchung touristischer Leistungen.
Deshalb bitten der THV und der DTV die politischen Vertreter um Unterstützung, den Service für den Gast und die Arbeitsplätze in den Kommunen zu sichern und sich dafür einzusetzen, dass die zuletzt modifizierten Regelungen im weiteren Gesetzgebungsprozess nicht wieder zurückgenommen werden und die Arbeit der Tourismusorganisationen in Deutschland auch künftig nicht durch unnötige Bürokratie belastet wird.
Nachtrag (Meldung des DTV vom 23.12.2016):
EU-Pauschalreiserichtlinie: Bundesrat stellt Prüfantrag
Der Bundesrat hat sich am 16. Dezember mit der Pauschalreise-Richtlinie befasst und einen Prüfantrag gestellt. Danach soll die Bundesregierung prüfen, ob bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen tatsächlich eine getrennte Auswahl und Bezahlung der Reiseeinzelleistungen sinnvoll ist und umgesetzt werden muss. Der DTV hatte bei den Mitgliedern des Bundesrates um Unterstützung dafür geworben, dass die erreichten Verbesserungen beibehalten werden und bei den verbundenen Reiseleistungen noch nachgebessert wird. Hintergrund ist eine Regelung im aktuellen Gesetzentwurf, wonach bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen jede einzelne Leistung separat gebucht, abgerechnet und separat bezahlt werden muss. Wollen Tourismusorganisationen beim Zusammenstellen einzelner Reiseleistungen auch künftig nicht zum Reiseveranstalter werden, sind sie mit einem immens bürokratischen Beratungs-, Buchungs- und Zahlungsvorgang konfrontiert. Das Gesetz soll noch vor der Bundestagswahl 2017 beschlossen werden. Die neuen Regelungen müssen ab dem 1. Juli 2018 angewendet werden. (Quelle: DTV-News 12/2016)